Hertha BSC versinkt im Chaos

March 15th, 2022 by admin

Erinnern Sie sich noch an den Sommer 2019? Der FC Bayern war gerade wieder Deutscher Meister geworden, auf der Bank saß damals noch Niko Kovač als Chefcoach. Die Stadien waren voll – erst ein halbes Jahr später wird sich die globale Covid-19-Pandemie ausbreiten und zu vielen Krankheitsfällen, umfangreichen Kontaktbeschränkungen und Geisterspielen führen. Doch damals, imJuni 2019, ist hiervon noch nicht die Rede. Zu diesem Zeitpunkt sorgt ein anderes Thema für Aufregung: Lars Windhorst steigt über seine Tennor Holding als Investor bei der Berliner Hertha ein. Zunächst übernimmt er 37,5 Prozent der Anteile an der Hertha BSC GmbH & Co. KGaA, im Laufe der Zeit wird er seine Anteile auf 66,6 Prozent aufstocken. Insgesamt sollen dafür ca. 375 Millionen Euro an den Hauptstadtklub geflossen sein.

Zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Die Ambitionen und mit dem Einstieg verbundenen Hoffnungen sind damals riesig, schnell macht das Wort vom Big City Club die Runde. Die gehobenen Ansprüche teilt auch der neue Investor. Im September 2019 erklärt er in einem Interview mit der Bild am Sonntag, Ziel sei es, die Hertha in den kommenden Jahren zu einem europäischen Spitzenklub zu entwickeln. Im November desselben Jahres gelingen der Hertha und Windhorst ein Coup, mit Jürgen Klinsmann kann ein großer und klangvoller Name für den Aufsichtsrat gewonnen werden. Gut zwei Wochen später übernimmt der ehemalige Teamchef der Nationalmannschaft das Traineramt bei der Hertha und löst Ante Čović ab. Doch Ruhe und Erfolg kehren nicht ein, ca. drei Monate später ist Klinsmann schon wieder weg – begleitet von einer denkwürdigen Rücktrittserklärung via Facebook. Von den großen Zielen ist man in Berlin derweil weit entfernt. Die Hertha muss auch nach dem Einstieg des Investors den Blick eher Richtung Tabellenende richten, spielte in den vergangenen zwei Jahren stets gegen den Abstieg. Auch in der aktuellen Saison sieht es nicht besser aus, nach 25 Spielen befindet sich die “Alte Dame” auf dem Relegationsplatz, nur einen Punkt vor dem VfB Stuttgart auf dem ersten direkten Abstiegsplatz.

Es brennt an allen Enden

In so einer Situation braucht es eigentlich inneren Zusammenhalt und Ruhe im Verein, damit das Team vielleicht doch noch die Kurve kriegen kann. Fredi Bobic, seit Sommer 2021 neuer Geschäftsführer Sport bei der Hertha, mahnte entsprechend mit Blick auf die Mannschaft erst kürzlich an, man müsse sich “zusammenraufen für die Situation und alles abseits des Fußballs ausblenden.” Die Realität sieht freilich deutlich anders aus, besonders neben dem Platz. Ständig treten neue Brandherde auf, der staunende Beobachter kommt kaum hinterher. Im Oktober ging CEO Carsten Schmidt von Bord, zudem steht der bisher glücklose Trainer Tayfun Korkut, erst Ende November als Nachfolger des Hertha-Urgesteins Pál Dárdai verpflichtet, bereits mächtig unter Druck. Schon seit Wochen wird über seine angeblich bevorstehende Entlassung spekuliert. Unter der Woche versuchte er die Mannschaft mit einer emotionalen Wut- und Brandrede zu erreichen – die Zukunft wird zeigen, ob er das Team so stärken konnte.

Für zusätzliche Unruhe sorgte auch der plötzliche Abgang von Sportdirektor Arne Friedrich – wieder einmal eine Veränderung in der Führungsetage, die alles andere als geräuschlos ablief. Zudem wurde kürzlich bekannt, dass Tennor ein 2020 gestartetes Filmprojekt über die Hertha gestoppt hat. Eigentlich sollte der fertige Film an Streaminganbieter verkauft werden und der Hertha neue Marketingmöglichkeiten eröffnen – jetzt sorgt das Projekt für viel Streit und wird vermutlich nie abgeschlossen. Grund für den Abbruch: Der Film sei ungeeignet für eine Veröffentlichung und entspreche nicht den Vorstellungen, zum Beispiel werde “vor laufender Kamera in ehrabschneidender und herablassender Weise über Herrn Windhorst als Investor” gesprochen, so Tennor-Sprecher Andreas Fritzenkötter.

Was passiert auf der Mitgliederversammlung?

Doch damit nicht genug, denn zu allem Überfluss scheint nun auch noch ein Machtkampf zwischen Hertha-Präsident Werner Gegenbauer und Investor Windhorst vollends zu eskalieren. So erklärte Fritzenkötter gegenüber der Deutschen Presse-Agentur: “Im Mai ist die nächste Mitgliederversammlung. Da wird sicher etwas passieren müssen.” Diese Aussage darf als Frontalangriff auf das Präsidium um Gegenbauer verstanden werden. Entsprechend verärgert und irritiert zeigte man sich in einem offiziellen Statement auf der Homepage des Vereins. Eins scheint jedoch klar: Der Hertha stehen weiter bewegte Zeiten und eine spannende Mitgliederversammlung im Mai bevor. Schon bei seiner letzten Wiederwahl 2020 hatte Gegenbauer nur 54 Prozent der Stimmen erhalten – es erscheint fraglich, ob er bei all den Streitigkeiten noch einmal eine Mehrheit bekommen wird, sollte sich tatsächlich ein Gegenkandidat in Stellung bringen.

Wie geht es jetzt mit Windhorst weiter?

Windhorst will derweil weitermachen und hält an seinem Investment fest. Zwar bezeichnete er seinen Einstieg gegenüber dem Wirtschaftsmagazin Capital kürzlich auf Nachfrage als Fehler – “Ehrlich gesagt, aus heutiger Sicht ja, leider.” – gab sich jedoch zugleich kämpferisch: “Ich lasse mir von niemandem dort 375 Millionen Euro verbrennen und werde darum niemals aufgeben.“ Ob der Turnaround noch gelingt und Windhorst sein Investment zum Erfolg führen kann, wird die Zukunft zeigen. Vielleicht denkt sich derInvestor heute aber auch, dass er das Geld besser im Casino als in den Fußball investiert hätte. Das geht übrigens mitunter sogar kostenlos und risikofrei – wenn man die richtige Gelegenheit nutzt und zum Beispiel in einem Online Casino Freispiele abgreift.

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